Eignung von Personengesellschaften als umsatzsteuerliche Organgesellschaft
Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung kommen als Organgesellschaften regelmäßig nur juristische Personen des Zivil- und Handelsrechts in Betracht, d.h. grundsätzlich nur Kapitalgesellschaften.
Eine Personengesellschaft kann jedoch ausnahmsweise Organgesellschaft sein, wenn sie wie eine juristische Person finanziell in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Nach Meinung des V. Senats des Bundesfinanzhofs, der sich die Finanzverwaltung angeschlossen hat, setzt die finanzielle Eingliederung einer Personengesellschaft voraus, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die selbst finanziell in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sind.
Das FG Berlin-Brandenburg hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob diese Auslegung des nationalen Rechts mit dem europäischen Recht vereinbar ist.
Mit Urteil vom 15. April 2021 (C-868/19) kommt der EuGH zum Ergebnis, dass eine nationale Regelung, die die Möglichkeit für eine Personengesellschaft, zusammen mit dem Unternehmen des Organträgers eine Mehrwertsteuergruppe (Organschaft) zu bilden, davon abhängig macht, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in dieses Unternehmen finanziell eingegliedert sind, nicht mit der entsprechenden Regelung der MwSt-Systemrichtlinie vereinbar ist. Der EuGH begründet seine Auffassung mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit, der Verhältnismäßigkeit sowie der steuerlichen Neutralität.
Die Äußerungen des EuGH können dahingehend verstanden werden, dass die vorstehend genannten Beschränkungen hinsichtlich der Eignung von Personengesellschaften als Organgesellschaften nicht weiter Bestand haben. Die Entscheidung der deutschen Rechtsprechung bleibt abzuwarten.
Die Rechtsprechung des EuGH ist insbesondere für solche Konstellationen von Bedeutung, in denen der (mögliche) Organträger die Mehrheit der Stimmrechte besitzt, mit der er nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen seinen Willen in der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann, jedoch eine umsatzsteuerliche Organschaft wegen der Existenz weiterer Gesellschafter, wie z.B. natürlicher Personen, die nicht finanziell in den (möglichen) Organträger eingegliedert sind, bislang verneint wird. Derartige Fälle sollten identifiziert und umsatzsteuerlich bewertet werden.
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Die Autoren: DORNBACH Kompetenzzentrum Umsatzsteuer