Achtung Prüfungsanordnung! – Der Auftakt zur Betriebsprüfung
Die Betriebsprüfung ist für den mittelständischen Unternehmer und seinen Berater ein Eingriff in den üblichen und gewohnten Geschäftsablauf. Für den Entscheidungsträger sind im Rahmen der Betriebsprüfung vor allem strategische Fragestellungen relevant, die das Verfahren bestimmen. Erfahrungsgemäß sollte er von daher die direkte fachliche Auseinandersetzung mit der Betriebsprüfung meiden.
Der Erlass der Prüfungsanordnung ist regelmäßig die erste strategische Hürde. Sie stellt den ersten Kontakt des Unternehmers mit dem Steuerprüfer dar und ist damit die erste rechtliche Handlung, gegen die dem Unternehmer ein Rechtsmittel zur Verfügung steht. An ihren Erlass sind zahlreiche Rechtsfolgen geknüpft, die die Aufmerksamkeit des Unternehmers oder seines Beraters verdienen. Will man sich im Rahmen der Betriebsprüfung gegen die durchgeführte Prüfung und nachfolgende Steuerbescheide zur Wehr setzen, sollte man sich bereits frühzeitig mit der Prüfungsanordnung beschäftigen. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt können Maßnahmen ergriffen werden, die entscheidend für ein erfolgreiches Vorgehen gegen die Prüfungsfeststellungen sein können.
Die Prüfungsanordnung wird oft zu Unrecht auf die leichte Schulter genommen. Dabei stellt sie das Kernstück der Betriebsprüfung dar. Nicht nur konkretisiert sie für den Unternehmer die Pflicht, die Betriebsprüfung hinzunehmen, vielmehr manifestiert sie die Rechtmäßigkeit aller Handlungen, Aufforderungen und Anforderungen des Finanzamtes während und aufgrund der Betriebsprüfung. Fehlt sie gänzlich – ist die Prüfung rechtwidrig.
Da sie den Umfang der Betriebsprüfung festlegt, definiert sie auch, in welchen Bereichen der Steuerprüfer Erkenntnisse gewinnen darf. Das ist wichtig für deren Verwertbarkeit. Ist die Prüfungsanordnung nichtig und wird sie vom Finanzgericht oder Finanzamt aufgehoben oder als rechtswidrig festgestellt, ist darauf zu achten, in welchem Rahmen eine Verwertung der Prüfungsergebnisse überhaupt erfolgen darf.
Die rechtmäßige Prüfungsanordnung hat für den weiteren Verlauf zudem zahlreiche mittelbare Folgen innerhalb und außerhalb der Betriebsprüfung:
- Im Umfang der Prüfungsanordnung wird der sog. „Nachprüfungsvorbehalt“ aufgehoben.
- Die Prüfungsanordnung hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist im Umfang der Außenprüfung und macht eine weitgehende Änderung von Steuerbescheiden möglich.
- Nach Abschluss der Außenprüfung besteht in dem von ihr abgedeckten Umfang gesteigerte Rechtssicherheit.
- Den Unternehmer treffen gesteigerte Mitwirkungspflichten.
- Die Prüfungsanordnung legt darüber hinaus fest, inwieweit eine mögliche strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen ist oder Berichtigungserklärungen beschränkt werden.
Die Prüfungsanordnung ist dem Unternehmer rechtzeitig vor dem Prüfungsbeginn bekannt zu geben. Die Frist beträgt bei Großbetrieben in der Regel vier Wochen und muss angemessene Vorbereitungen ermöglichen.
Für den Unternehmer sollte bei Erhalt der Prüfungsanordnung die Überprüfung der wesentlichen Voraussetzungen an erster Stelle stehen, um seinen Rechtschutz nicht einzubüßen.
Dies sind im Wesentlichen:
- Prüfendes Finanzamt
- Name und Adresse des Steuerpflichtigen
- Rechtsgrundlage
- Rechtsbehelfsbelehrung
- Zu prüfender Zeitraum
- Betroffene Steuerarten
- Geplanter Prüfungsbeginn
- Name des Prüfers
Da die Angriffspunkte meist im Detail liegen können, sollte bei Unklarheiten ein verfahrensrechtlich versierter Steuerberater hinzugezogen werden.
Eine fehlerhafte Prüfungsanordnung wird mit dem Einspruch angefochten. Anfechtungsberechtigt ist derjenige, der von der Prüfungsanordnung selbst betroffen ist. Das ist regelmäßig die Gesellschaft selbst. Bei Personengesellschaften steht auch dem Gesellschafter eine Anfechtungsberechtigung zu, wenn sich die Prüfung auf ihn erstreckt.
Die Frist zur Anfechtung beträgt grundsätzlich einen Monat, sofern die Prüfungsanordnung eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält. Fehlt diese, beträgt die Einspruchsfrist ein Jahr. Die Prüfungsanordnung kann in diesen Fällen auch dann angefochten werden, wenn der Steuerpflichtige sich zunächst auf die Prüfung einlässt. Beachtet werden muss, dass trotz des Einspruchs die Betriebsprüfung vollzogen werden kann. Der Steuerpflichtige muss daher – will er den Beginn der Prüfung verhindern – vorläufigen Rechtschutz beantragen.
Dürfen gewonnene Erkenntnisse nicht verwertet werden, bedarf es der Durchsetzung eines Verwertungsverbotes. Für die Durchsetzung des Verwertungsverbotes muss die Prüfungsanordnung ebenfalls durchgesetzt werden. Ist sie tatsächlich aufgehoben oder wurde ihre Rechtswidrigkeit festgestellt, kann der Prüfer sein Handeln nicht mehr legitimieren. Sind Prüfungsfeststellungen bereits in Steuerbescheiden umgesetzt, müssen die gezogenen Folgerungen zusätzlich in den Steuerbescheiden angefochten werden, um ein Verwertungsverbot durchzusetzen. Ist die Prüfungsanordnung nicht ergangen, kann sie die Prüfung nicht legitimieren, kann aber nicht angefochten werden. Das Augenmerk liegt dann auf dem Angriff der Steuerbescheide.
Soll eine fehlerhafte Anordnung angefochten werden, kann das Finanzamt eine Korrektur der Prüfungsanordnung vornehmen und damit eine Heilung des Fehlers verursachen. Das ob und wann der Anfechtung muss daher genau geprüft werden. Bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung, sollte alles daran gesetzt werden, dem Prüfer den Beginn der Prüfung so lange zu verwehren, bis Rechtsschutz gewährt wurde. Die Praxis zeigt, dass zwar ein Erfolg im Einspruchsverfahren gegen die Prüfungsanordnung zum Verbot der Verwertung des tatsächlich Geprüften führt - das Wissen im Kopf des Betriebsprüfers ist jedoch nicht anfechtbar.
Wie wir Sie unterstützen können:
- Vorbereitung der Betriebsprüfung und Betriebsprüfungs-Check-Up.
- Begleitung des Datenmanagements im Vorfeld der Prüfung; Überprüfung der Prüferanfragen auf kritische Punkte und Unterstützung bei der Beantwortung von Prüferanfragen.
- Begleitung von Berichtigungserklärungen und Selbstanzeigen im Vorfeld der Prüfung.
- Risikobewertung und Folgenabschätzung von Prüfungsfeststellungen.
- Verhandlungsführung mit der Betriebsprüfung sowie Vorbereitung und Durchführung der Schlussbesprechung.
- Krisenmanagement bei Steuerfahndungsprüfungen und Eröffnung des Steuerstrafverfahrens.
- Einholung von verbindlichen Zusagen, verbindlichen Auskünften und tatsächlichen Verständigungen.
- Abwehr von Steuernachforderungen im Einspruchs-, Klage- oder Revisionsverfahren.
- Implementierung eines steuerlichen internen Kontrollsystems unter Berücksichtigung von Betriebsprüfungsrisiken sowie Analyse und Optimierung bestehender Tax Compliance Systeme in Bezug auf Betriebsprüfungsfeststellungen.
- Begleitung steuerlicher Strukturierungsmaßnahmen im Anschluss an die Betriebsprüfung.
Für weitere Fragen stehen Ihnen Ihre gewohnten Ansprechpartner sowie der Autor, Rechtsanwalt und Steuerberater Frederik Karnath, gerne zur Verfügung.