Erbschaftsteuerreform: Komplexes System und kostenintensiv!

DIE REFORM AUS SICHT DER PRAXIS

Erbschaftsteuerreform: Komplexes System und kostenintensiv!Die IHK Saarland hat ihren Mitgliedsunternehmen am 8. Februar eine Informationsveranstaltung zur Erbschaftsteuerreform angeboten. Armin Pfirmann, Steuerberater und Geschäftsführender Gesellschafter der Dornbach GmbH, informierte dabei über wichtige Neuerungen. Am Rande der Veranstaltung hat er seine Ausführungen durch ein Interview für die Leser der „SaarWirtschaft“ ergänzt.

„SAARWIRTSCHAFT“: DEUTSCHLAND IST ZU RECHT STOLZ AUF SEINEN FAMILIENGEFÜHRTEN MITTELSTAND. SPIEGELT SICH DESSEN BEDEUTUNG IN DEN VERSCHONUNGSREGELN DES NEUEN RECHTS WIDER?

Pfirmann: Ich begrüße, dass das Verschonungssystem für „Unternehmensvermögen“ im Grundsatz beibehalten wurde. Damit wurde der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entsprochen, das in seinem Urteil vom 17.12.2014 festgestellt hat: „Es liegt im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, kleine und mittelständische Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestandes und damit auch zur Erhaltung der Arbeitsplätze von der Erbschaftsteuer weitgehend oder vollständig freizustellen.“

„SAARWIRTSCHAFT“: WER GEWINNT, WER VERLIERT DURCH DIE REFORM?

Pfirmann: Es gewinnen die Länder, denen die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer zustehen. Die Einnahmen werden infolge der Reform steigen. Verlieren werden alle, die mit der Festsetzung, der Erhebung und der Durchsetzung der Steueransprüche befasst sind. Das neue System ist in der praktischen Anwendung äußerst komplex und damit sehr kostenintensiv. Dies gilt sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung.

„SAARWIRTSCHAFT“: NOCH IMMER GILT HINSICHTLICH DER ERBSCHAFTSTEUER: VIEL AUFWAND FÜR WENIG ERTRAG. WÄRE ES DA NICHT AM SINNVOLLSTEN, DIESE STEUER GANZ ABZUSCHAFFEN?

Pfirmann: Im Hinblick auf die Rechtfertigung der Erbschaftsteuer, die den Zuwachs an Leistungsfähigkeit durch das erworbene Vermögen beim Empfänger erfassen will und in Anbetracht der gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in Deutschland halte ich ihre Abschaffung für nicht umsetzbar und auch nicht für sachgerecht. Mit Blick auf die „Einkommensteuerersatzfunktion“, die der Erbschaftsteuer zukommt, sollte allerdings darüber nachgedacht werden, ob eine Vereinfachung dadurch erreicht werden kann, dass die Erbschaftsteuer moderat in die Einkommensteuer integriert wird. Für den unentgeltlichen Erwerb von Unternehmensvermögen bietet das Einkommensteuerrecht eine steuerneutrale Lösung an, die dann auch unproblematisch für den Erb- oder Schenkungsfall von Unternehmensvermögen angewendet werden könnte.

„SAARWIRTSCHAFT“: WELCHE ZUKUNFT GEBEN SIE DEM GEGENWÄRTIGEN KOMPROMISS ZUR ERBSCHAFTSTEUER?

Pfirmann: Die Neuregelungen sind sehr streitanfällig und dies nicht nur materiell-rechtlich, sondern auch verfassungsrechtlich, vor allem im Hinblick auf Rückwirkungsprobleme im Zusammenhang mit der Anwendung der Neuregelungen und m.E. auch in Bezug auf die Verschonungsbedarfsprüfung. Ich wünschte mir, dass die Politik noch vor der Wahl in einem „Erbschaftsteuerkorrekturgesetz“ die Unschärfen korrigiert und die Verwaltung durch koordinierte Ländererlasse ihre Auffassung zur Auslegung der zahlreichen Zweifelsfragen äußert, damit in der Praxis sowohl Erb- als auch Schenkungsfälle, bei denen die Steuer nach dem 30. Juni 2016 entstanden ist, sauber deklariert werden können und die Steuerpflichtigen mit einer verlässlichen Beratung hinsichtlich künftiger Übertragungsvorgänge rechnenkönnen. Sollten diese beiden Anforderungen erfüllt werden, bin ich der Meinung, dass die Politik aus Sicht der Familienunternehmen einen guten Job gemacht hat und man in der Praxis nachhaltig damit leben kann.

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