Entwurf eines BMF-Schreibens zur Option zur Körperschaftsbesteuerung
Das Bundesfinanzministerium hat am 30. September 2021 einen Entwurf eines Einführungsschreiben zum sog. Optionsmodell nach § 1a KStG veröffentlicht und die Verbände um Stellungnahme gebeten.
Der Gesetzgeber hat Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften im Rahmen der jüngsten Körperschaftsteuerreform mit dem neuen § 1a KStG die Möglichkeit eingeräumt, sich ertragsteuerlich wie eine Kapitalgesellschaft behandeln zu lassen, ohne die zivilrechtlichen Vorzüge einer Personengesellschaft zu verlieren. Das kann für einige Gesellschaften eine interessante Gestaltungsmöglichkeit sein. Insbesondere kann durch eine Optionsausübung eine Ergebnisthesaurierung mit einer geringeren Ertragsteuerbelastung erreicht und die Einkommensteuerbelastung der Gesellschafter gesteuert werden.
Die Option zur Körperschaftsbesteuerung ist allerdings steuerlich eine äußerst komplexe Angelegenheit. Denn im Falle einer Optionsausübung treffen das Gesellschaftsrecht der Personengesellschaften mit dem auf Kapitalgesellschaften ausgerichteten Regelungen des Steuerrechts zusammen. Daraus ergeben sich zahlreiche Praxisfragen zum Übergang zur Körperschaftsbesteuerung (dieser erfolgt als fiktiver Formwechsel nach den Vorgaben des Umwandlungssteuerrechts), zu der laufenden Besteuerung der optierten Gesellschaft und deren Gesellschafter sowie zu einer späteren Optionsbeendigung.
Das Bundesfinanzministerium behandelt in dem Entwurf eine Vielzahl von Fragestellungen, die sich in der praktischen Anwendung ergeben. Auf die folgenden Punkte im Entwurf möchten wir Sie besonders hinweisen.
Zum Übergang zur Körperschaftsbesteuerung:
- Sonderbetriebsvermögen: Funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen (z. B. durch Gesellschafter überlassene Grundstücke) müssen für einen steuerneutralen Übergang zur Körperschaftbesteuerung im Rahmen des fiktiven Formwechsels auf die optierende Personengesellschaft übertragen werden.
- Komplementär-GmbH: Die Beteiligung an einer betriebsnotwendigen Komplementärgesellschaft, deren Tätigkeit auf die Geschäftsführungsfunktion bei einer optierenden Kommanditgesellschaft beschränkt ist, muss für einen steuerneutralen Übergang zur Körperschaftbesteuerung eingebracht werden (betrifft insbesondere die klassische GmbH & Co. KG).
- Gesamtplanrechtsprechung: Nach Auffassung des Bundesfinanzministerium kann die sog. Gesamtplanrechtsprechung beim Übergang zur Körperschaftsbesteuerung zum Zuge kommen, wenn im zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Option zur Körperschaftsbesteuerung eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage in ein anderes Betriebsvermögen übertragen oder überführt wird (Gefährdung des steuerneutralen Übergangs).
- Sperrfristen: Der fiktive Formwechsel kann Sperrfristverletzungen auslösen (z.B. aus früheren steuerneutralen Umwandlungen oder steuerneutralen Übertragungen / Überführungen von Betriebsvermögen).
- Keine Rückwirkung: Eine steuerliche Rückbeziehung des Einbringungszeitpunkts ist nicht möglich.
Zur laufenden Besteuerung der optierenden Gesellschaft:
- Mutter-Tochter-Richtlinie: Die optierende Personengesellschaft gilt nicht als Gesellschaft i.S.d. sog. Mutter-Tochter-Richtlinie.
- Doppelbesteuerungsabkommen: Die optierende Gesellschaft gilt für die Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommen als Kapitalgesellschaft.
- Bestehende Organschaften: Durch den fiktiven Formwechsel wird eine bereits bestehende ertragsteuerliche Organschaft nicht beendet.
- Eignung als Organgesellschaft: Die optierende Personengesellschaft wird nicht als Organgesellschaft einer ertragsteuerlichen Organschaft anerkannt.
- Forschungszulage: Optierende Gesellschaften können Antragsberechtigte für die Forschungszulage sein.
Verhältnisse zwischen der optierenden Gesellschaft und ihren Gesellschaftern:
- vGA / vE: Die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung und verdeckten Einlage sind anwendbar.
- Gesellschafter ohne vermögensmäßige Beteiligung: Auch vermögensmäßig nicht beteiligte Gesellschafter gelten als Anteilseigner der optierenden Gesellschaft (potentielles vGA-Risiko bei Leistungsbeziehungen)
- Gesellschafter werden wie GmbH-Gesellschafter bzw. Aktionäre behandelt (z.B. Anwendung der Regelungen zu Dividendeneinkünften, Lohnsteuerpflicht für Tätigkeitsvergütungen)
- Ausschüttungsfiktion: Eine Gewinnausschüttung kann je nach Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags ohne tatsächliche Entnahme bzw. Auszahlung an den Gesellschafter fingiert werden (z.B. wenn der Gesellschafter mit der Feststellung des Jahresabschlusses eine Auszahlung von der Gesellschaft verlangen kann).
- Gewinnvorab: Gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vorauszahlungen auf den Gewinn gelten unabhängig von der Feststellung des Jahresabschlusses als ausgeschüttet, wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann.
- Die (ggfs. fingierte) Ausschüttung unterliegt der Kapitalertragsteuer.
- Die Ausschüttungsfiktion infolge der Möglichkeit, die Auszahlung verlangen zu können, gilt nicht für den Teil des Entnahmebetrags nach § 122 Absatz 1 erste Alternative HGB, der den Betrag nach § 122 Absatz 1 zweite Alternative HGB übersteigt, oder für sonstige gesellschaftsvertraglich vereinbarte gewinnunabhängige Entnahmerechte.
- Beherrschende Gesellschafter: Es sind die Sonderanforderungen zu beachten, welche die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung für Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und deren beherrschenden Gesellschaftern (oder diesen nahen stehenden Personen) entwickelt haben (zum Beispiel vGA-Risiko bei Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot).
- Tätigkeitsvergütungen: Eine bisher als Sondervergütung (Gewinn vorab) zu wertende Tätigkeitsvergütung führt auf Ebene des Gesellschafters grds. zu Arbeitslohn nach § 19 EStG (Lohnsteuerpflicht beachten), wenn ein Dienstverhältnis i.S.d. § 1 Lohnsteuer-Durchführungsverordnung vorliegt (Nachweis z.B. über einen Arbeitsvertrag). Liegt kein Dienstverhältnis vor, so ist die Tätigkeitsvergütung nicht als Arbeitslohn nach § 19 EstG, sondern als Gewinnausschüttung zu qualifizieren. Die Qualifizierung als Gewinnausschüttung kann insbesondere aufgrund des fehlenden Betriebsausgabenabzugs der Tätigkeitsvergütungen nachteilig sein.
- Eine unangemessene Tätigkeitsvergütung führt zu einer (anteiligen) verdeckten Gewinnausschüttung.
- Haftung: Der Gesellschafter haftet für Steuerschulden der optierenden Gesellschaft nach den allgemeinen handelsrechtlichen Grundsätzen (also auch für Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer)
Der Umfang des 30-seitigen Entwurfs verdeutlicht bereits, dass die Option zur Körperschaftsbesteuerung eine komplexe Angelegenheit ist. Es sollte daher für den jeweiligen Einzelfall genau geprüft werden, ob bei einer Option zur Körperschaftsteuer die Vorteile überwiegen. Vor einer Optionsausübung sollten die Gesellschaftsverträge und Leistungsbeziehungen mit den Gesellschaftern auf etwaigen Anpassungsbedarf geprüft werden, um steuerliche Nachteile für die Gesellschaft und deren Gesellschafter zu vermeiden. Die Verbände werden sicher noch einige Anregungen für ein finales Einführungsschreiben an das Bundesfinanzministerium adressieren, so dass das finale Einführungsschreiben abzuwarten bleibt.
Für weitere Fragen stehen Ihnen Ihre gewohnten Ansprechpartner sowie der Autor Sven Janken gerne zur Verfügung.
Direkt zum BMF-Schreiben kommen Sie hier.